Dritter Quartalsbericht 2022: Die richtigen Weichen stellen
Vier Mal im Jahr veröffentlicht Oikocredit ihren Quartalsbericht. Dieser enthält Fakten und Zahlen, um einen Einblick in die neusten Entwicklungen der Genossenschaft zu geben.
Gestärktes Ergebnis
Trotz anhaltender Ungewissheit an den Märkten konnte Oikocredit im dritten Quartal 2022 ihr Ergebnis verbessern. So nahm das Kredit- und Investmentportfolio nicht nur quantitativ zu, sondern verbesserte sich auch qualitativ und generierte höhere Nettoerträge. Im Berichtsquartal wurde ein Verlust in Höhe von insgesamt 14,8 Millionen Euro aus dem Anleihenportfolio realisiert, der allerdings geringer ausfiel als zum Ende des zweiten Quartals erwartet. Im Zusammenspiel führten diese Faktoren zu einem Nettoverlust von 5,2 Millionen Euro für die Genossenschaft, also deutlich weniger als der Nettoverlust von 9,1 Millionen Euro im zweiten Quartal.
Volkswirtschaftliche Faktoren wie steigende Inflationsraten und Zinssätze belasten unsere Partnerorganisationen, die daher generell eher zögern Kredite aufzunehmen. Der Kapitalzufluss von Direktmitgliedern und Anleger*innen ist zwar zurückgegangen, allerdings nicht so stark wie erwartet. Trotz des schwierigen Marktumfelds verlief die Ergebnisentwicklung in diesem Quartal insgesamt relativ ausgeglichen.
Entwicklungsfinanzierung und Kapitalzuflüsse
Das Portfolio ausstehender Entwicklungsfinanzierungen und Kapitalbeteiligungen wuchs geringfügig von 1.014,7 Millionen Euro im Vorquartal auf 1.049,3 Millionen Euro. Die 513 Partnerorganisationen (Q2: 509) haben überwiegend ihre gewohnte Geschäftstätigkeit wieder aufgenommen und sind nicht mehr den Covid-19-bedingten Beschränkungen unterworfen. Das Portfolio verzeichnete vor allem aufgrund steigender Zinsen und positiver Wechselkurseffekte einen höheren Nettoertrag. Das Portfolio in Lateinamerika und der Karibik sowie größtenteils auch unser Agrarportfolio profitierten von der Stärkung des US-Dollars, da diese Portfolios auf Dollar bzw. an den Dollar gebundene Währungen lauten. Hinsichtlich der Wirtschaftslage gab es ausgeprägte regionale Unterschiede. In Afrika sind die Kosten für die Absicherung von Währungsrisiken gestiegen. Angesichts der Volatilität an den Finanzmärkten überprüft Oikocredit fortlaufend ihre Absicherungsstrategie.
Der Anteil ausfallgefährdeter Kredite mit PAR 90 („Portfolio at risk“), bei dem die Rückzahlungen mehr als 90 Tage überfällig sind, ging von 6,8 Prozent (Q2) auf 5,0 Prozent zurück und liegt damit unter der Zielgröße von 6,0 Prozent. Die Rückstellungen bewegen sich weiterhin auf einem komfortablen Niveau. Die Kreditabschreibungen sind zwar durchaus erheblich, liegen aber im Rahmen der Erwartungen.Wie erwartet ging das Mitgliederkapital leicht von 1.125,6 Millionen Euro (Q2) auf 1.120,9 Millionen Euro zurück. Die neuen kapitalmarktrechtlichen Vorschriften in Deutschland, unserem größten Markt für Kapitalzuflüsse, haben sich dämpfend auf den Mittelzufluss ausgewirkt. Andererseits hielt sich die Zahl der Anteilsrückkäufe in Grenzen.
Infolge des insgesamt verbesserten Ergebnisses (Rückgang der Verluste) und des rückläufigen Mitgliederkapitals stieg der Nettoinventarwert (NAV) pro Anteil von 211,28 Euro auf 211,66 Euro. Die Liquiditätsquote war mit 15,7 Prozent (Q2: 18,6 Prozent) weiterhin ausreichend. Oikocredit veräußerte im Berichtsquartal keine Kapitalbeteiligungen.
Soziale Wirkung: erfassen, analysieren, bewerten, verbessern
Im Berichtsquartal wurde der Wirkungsbericht 2022 veröffentlicht. Demnach erreichten Oikocredits Partnerorganisationen im inklusiven Finanzwesen im vergangenen Jahr 38,2 Millionen Kund*innen (gegenüber 32,2 Millionen im Vorjahr). 81 Prozent waren Frauen und 61 Prozent aus dem ländlichen Bereich. Unsere Agrarpartner erreichten 579.000 landwirtschaftliche Betriebe. Mit den von Oikocredit zur Verfügung gestellten Finanzmitteln konnten unsere Partnerorganisationen im Bereich erneuerbare Energien 43.000 Haushalten Zugang zu sauberer Energie verschaffen.
Die zweite digitale Umfrage zur Selbsteinschätzung von Kund*innen unserer Partnerorganisationen kommt gut voran. Dabei handelt es sich um ein echtes Gemeinschaftsprojekt, in dessen Rahmen Oikocredit und ihre Partnerorganisationen im inklusiven Finanzwesen erfassen und analysieren, inwieweit unsere Arbeit dazu beiträgt, die Lebensumstände von Kund*innen zu verbessern und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber widrigen Ereignissen zu erhöhen. 19 Partnerorganisationen haben bislang an dieser Umfrage teilgenommen; es wurden bisher 16.666 Kund*innen befragt.
Strategische und organisatorische Entwicklungen
Im Rahmen der neuen Strategie 2022–2026 werden derzeit eine Reihe gemeinschaftsorientierter Initiativen umgesetzt. Im Berichtsquartal wurde die Planung für ein internes Innovationscenter ausgearbeitet, das neue Produkte und Dienstleistungen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit lokaler Gemeinschaften vorantreiben soll. Die Arbeiten am neuen Anlagemodell gehen planmäßig voran. Am 1. Juli nahm das Executive Committee seine Arbeit auf. Es wird das Führungsgremium der Genossenschaft weiter sträken und die Umsetzung der neuen Strategie weiter voranbrignen. Außerdem kam der Aufsichtsrat, zum ersten Mal in seiner neuen Besetzung, zu einer Einführung in die Arbeit von Oikocredit in Amersfoort zusammen.
Dave Smit wurde mit Wirkung zum 10. Oktober zum neuen Director of Impact Investing ernannt. Smit kam vom niederländischen Entwicklungsfinanzierer FMO zu Oikocredit. Er ist Teil der Geschäftsführung sowie des Executive Committee. Damit ist das Führungsgremium vollständig besetzt.
Das während der Covid-19-Pandemie eingeführte hybride Arbeitsmodell für Mitarbeiter*innen wird fortgesetzt. Somit verteilt sich die Arbeitszeit in Amersfoort und an anderen Standorten auf das Home-Office und das Büro.
Wesentliche Vorkommnisse nach dem dritten Quartal
Bei ihrer außerordentlichen Generalversammlung am 14. Oktober genehmigten die Mitglieder das neue Anlagemodell und verabschiedeten die neue Satzung der Genossenschaft. Ein neuer Prospekt für Anleger*innen ist in Arbeit. Während des Übergangs zum neuen Anlagemodell steht Oikocredit ein Standby-Kredit zur Verfügung, um die Liquidität der Genossenschaft zu steuern.
Die indische Mikrofinanzorganisation Fusion, deren positive Entwicklung und soziale Ziele Oikocredit seit 2010 unterstützt, notiert seit dem 2. November an der National Stock Exchange of India. Oikocredit hat alle Anteile an Fusion zum Verkauf gestellt.
Weiterer Ausblick
Oikocredit geht davon aus, dass sich das Nettoergebnis für das vierte Quartal trotz der weltweiten wirtschaftlichen Ungewissheit weiter verbessern wird, da die Verluste ausdem Anleihenportfolio wegfallen.
Umfang und Qualität des Entwicklungsfinanzierungsportfolios werden auch weiterhin genau beobachtet , eine strikte Kosten- und Margenkontrolle verfolgt und die entsprechenden Rücklagen zur Risikovorsorge dotiert.
Bei hohen Inflationsraten sowie steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen werden viele Partnerorganisationen bei der Kreditaufnahme eher vorsichtig agieren. Andererseits profitieren Partnerorganisationen im Kaffee- und Kakaoanbau tendenziell von den gestiegenen Preisen für landwirtschaftliche Produkte.
Im Zusammenhang mit der digitalen Umfrage unter Kund*innen der Partnerorganisationen werden Datenanalysen, Workshops mit lateinamerikanischen Partnern sowie eine Studie der aggregierten Umfragedaten durchgeführt. Letztere soll Anfang 2023 veröffentlicht werden.
Im Hinblick auf die anstehenden EU-Vorschriften zu Klima- und Waldschutz wird Oikocredit gemeinsam mit den Partnerorganisationen analysieren müssen, was dies konkret für die Partner bedeutet. Die Unterstützung der Partnerorganisationen bei der Stärkung von Gemeinschaften steht auch künftig im Mittelpunkt der Arbeit. Die Strategie 2022–2026 wird den Stakeholdern im kommenden Jahr aktiver und ausführlicher vorgestellt. Oikocredit geht davon aus, dass mit dem neuen Anlagemodell in 2023 auch ein verstärkter Kapitalzufluss in den wichtigsten Kapitalmärkten einsetzen wird, sodass die strategischen Ziele realisiert werden.
Weitere Informationen unter Oikocredit Fakten & Zahlen Q3 2022.